Was ist ein Standard-Szenario (STS)?

Wenn die vorgegebenen Mindestabstände einen geplanten Drohnenbetrieb in der offenen Kategorie (OPEN) nicht zulassen, muss der Flug in der speziellen Kategorie (SPEC) stattfinden. Um auch hier den Aufwand für Genehmigungen überschaubar zu halten, wurden von der EASA sogenannte Standard-Szenarien (STS) definiert.

Diese Standard-Szenarien sollten in Zukunft die häufigsten Anwendungsfälle von Drohnen abdecken: z.B. Flüge für Dachdecker oder Immobilienmakler über städtischem Gebiet oder für Ingenieure das Abfliegen von langen Baustellen oder Trassen außerhalb der Sichtweite.

Für jedes Standard-Szenario sind technische Vorgaben an die Drohnen (Klassifizierung nach C5 oder C6), genaue Einsatzgrenzen, Maßnahmen zur Risikominderung am Boden und in der Luft sowie theoretische und praktische Qualifikationsanforderungen an die Fernpiloten definiert. Damit ergibt sich eine vordefinierte Risikobewertung, sodass eine individuelle Risikobewertung nach SORA (Special Operation Risk Assessment) entfällt.

Mit den vollständigen Unterlagen muss der Betreiber von Drohnen keinen langwierigen Antrag auf Betriebsgenehmigung für die spezielle Kategorie stellen und seine Unterlagen einreichen. Für den Betrieb im Rahmen eines STS genügt die Erklärung (Declaration) gegenüber dem Luftfahrt-Bundesamt, dass alle Vorgaben vorliegen bzw. eingehalten werden:
Bisher können die EU-Standardszenarien noch nicht genutzt werden. Derzeit ist die Einführung der EU-Standardszenarien für den 01.01.2024 geplant.

Welche Trainings und Prüfungen werden für STS benötigt?

Die Qualifikationsanforderungen an Fernpiloten sind in Beilage (Attachment) A zur Anlage (Appendix) 1 der Durchführungsverordnung (EU) 2019/947 beschrieben: Prüfung der Theoriekenntnisse und praktischen Fähigkeiten von Fernpiloten nach STS.

Um ein EU-Standardszenario nutzen zu können, sind daher eine Theorieprüfung (bei einer "benannten Stelle") und eine Praxisschulung mit anschließender Praxisprüfung (bei einer "anerkannten Stelle") durchzuführen.

Achtung: In Deutschland ist das Luftfahrt-Bundesamt für die Benennung bzw. Anerkennung von Prüfstellen verantwortlich. Anfang September 2023 sind die Kopter-Profis die einzige vom LBA benannte Prüfstelle für die Theorieprüfung STS. Stellen für die Abnahme der Praxisprüfung STS wurden vom LBA bisher noch nicht anerkannt. 


Theorieprüfung
Fernpilotenzeugnis STS

Die theoretische Prüfung zum Drohnenführerschein STS umfasst insgesamt 60 Prüfungsfragen aus 8 Prüfungsfächern. Die Schulung und Prüfung können bequem online oder in Präsenz erfolgen.


Praxisprüfung
Beurteilung der praktischen Fähigkeiten STS

Die praktische Ausbildung und Prüfung besteht nicht nur aus Flugübungen. Im Fokus stehen u.a. auch die Flugplanung, die Flugvorbereitung, die Vorflugkontrolle und Einrichtung des UAS, der Umgang mit anormalen Bedingungen und Maßnahmen nach dem Flug.


Welche Standard-Szenarien (STS) gibt es derzeit?

STS 01

Betrieb einer C5-Drohne in direkter Sicht (= VLOS) über einem Bereich am Boden, innerhalb dessen der Fernpilot dafür sorgen kann, dass nur beteiligte Personen anwesend sind (= kontrollierten Bereich) in einem bewohnten Gebiet in max. 120 Metern Höhe über Grund.

STS 02

Betrieb einer C6-Drohne außerhalb direkter Sicht mit Luftraumbeobachtern (= EVLOS, max. 2 km vom Fernpiloten entfernt) über einem kontrollierten Bereich in einem dünn besiedelten Gebiet in max. 120 Metern Höhe über Grund.

DE.STS.XXXX

Neben den STS auf EU-Ebene gibt es auch nationale Standardszenarien. Das erste deutsche Standardszenario ist das DE.STS.FARM für den bodennahen Einsatz von Drohnen über landwirtschaftlichen Flächen, z.B. im Weinanbau oder zur Rehkitzkettung.
Ursprünglich wurde eine Vielzahl von Standardszenarien angestrebt, um möglichst viele Einsatzgebiete von Drohnen abzudecken. Da die Standardszenarien aber (anders als ursprünglich von der EASA angestrebt) fest in der Durchführungsverordnung (EU) 2019/947 verankert sind, ist für eine Erweiterung der STS nicht nur die Zustimmung des EU-Ministerrats, sondern auch des kompletten Europäischen Parlaments erforderlich.

Durch diesen "handwerklichen Fehler" sind die Hürden für eine Anpassung der STS sehr hoch, sodass derzeit nicht mit weiteren Standardszenarien zu rechnen ist.

Sollte es kein passendes Standardszenario für den geplanten Betrieb der Drohne geben, können die sogenannten PDRAs (Pre-Defined Risk Assessments) eine Alternative sein, um nicht für jeden Betriebsort eine individuelle Risikobewertung nach SORA durchführen zu müssen.

Was ist ein PDRA?

Ein PDRA (Pre-Defined Risk Assessment) ist vergleichbar mit einem Standardszenario, allerdings für Drohnen ohne Klassifizierung nach C5 oder C6. Einzige technische Anforderung ist, dass die Drohne über eine C-Klassifizierung verfügt.

Auch bei den PDRAs gibt es vorgegebene Einsatzszenarien mit vordefinierten Risikoparametern. Dadurch entfällt bei einem PDRA die individuelle Risikobewertung gemäß SORA. Der große Vorteil der STS, dass eine Deklaration gegenüber dem Luftfahrt-Bundesamt genügt, gilt für die PDRAs allerdings nicht. Hier muss ein Antrag auf Betriebsgenehmigung nach einem PDRA bei, Luftfahrt-Bundesamt gestellt werden. Der Antrag umfasst die oben genannten Unterlagen und zusätzlich zum Betriebshandbuch den technischen Anhang mit der Beschreibung der benutzten Drohnen, da diese durch die fehlende Klassifizierung nach C5 oder C6 nicht ausreichend bestimmt sind.

Der Vorteil gegenüber einer Betriebsgenehmigung mit einer individuellen SORA liegt darin, dass nicht jedes Betriebsgebiet vorab von der zuständigen Behörde genehmigt werden muss. Solange alle Betriebsgebiete den Vorgaben des genehmigten PDRAs entsprechen, darf dort mit der generischen PDRA-Betriebserlaubnis geflogen werden. Erfahrungsgemäß ist dies in der Praxis selten gegeben, sodass in den meisten Fällen die individuelle SORA hilfreicher ist. Mit unserem Tool für die SPEC ist die individuelle Risikobewewertung samt Aufbereitung der Unterlagen für die zuständige Behörde mit wenigen Klicks erledigt.

Bei den PDRAs werden zwei Fälle unterschieden:

- PDRA-G??: Das "G" steht für "generic" und umfasst weitere Einsatzmöglichkeiten
- PDRA-S??: Diese PDRAs sind an die Standardszenarien angelehnt

Welche PDRAs für Drohnen gibt es in Deutschland?

Aktuell können in Deutschland beim Luftfahrt-Bundesamt für die folgenden PDRAs Betriebsgenehmigungen im Rahmen der speziellen Kategorie beantragt werden:

PDRA-G01
EVLOS in ländlicher Umgebung

- Drohne: max. 3m Durchmesser und typische kinetische Energie bis 34k
- Sichtbarkeit: BVLOS (max. 1km horizontale Entfernung) oder mit Spottern in EVLOS (Extended Line of Sight, max. 1km horizontale Entfernung zwischen Spottern, keine Gesamtbegrenzung)
- Überflogenes Gebiet: dünn besiedelt
- Luftraum: unkontrolliert mit geringem Air-Risk für eine Kollision mit einem bemannten Luftfahrzeug
- Flughöhe: max. 150m über Grund
- Qualifikation: individuell (entsprechend der geplanten Mission)

PDRA-G02
BVLOS in reserviertem Luftraum

- Drohne: max. 3m Durchmesser und typische kinetische Energie bis 34k
- Sichtbarkeit: BVLOS (ohne horizontale Entfernungsbegrenzung)


- Überflogenes Gebiet: dünn besiedelt
- Luftraum: reserviert

- Flughöhe: gemäß dem reservierten Luftraum
- Qualifikation: individuell (entsprechend der geplanten Mission)

PDRA-G03
Automatisierte Inspektion

- Drohne: max. 3m Durchmesser und typische kinetische Energie bis 34k
- Sichtbarkeit: BVLOS (keine horizontale Entfernungsbegrenzung, aber direkter C2-Link)


- Überflogenes Gebiet: dünn besiedelt
- Luftraum: reserviert

- Flughöhe: gemäß dem reservierten Luftraum
- Qualifikation: individuell (entsprechend der geplanten Mission)

PDRA-S01
VLOS in städtischer Umgebung

- UAS: max. 3m Durchmesser und MTOW bis 25kg
- Sichtbarkeit: VLOS


- Überflogenes Gebiet: kontrollierter Bodenbereich in (dicht) besiedeltem Gebiet
- Luftraum: geringes Air-Risk für Kollision mit bemanntem Luftfahrzeug
- Flughöhe: max. 120m über Grund
- Qualifikation: STS-Theorie und STS-01 Praxis

PDRA-S02
BVLOS in ländlicher Umgebung

- UAS: max. 3m Durchmesser und MTOW bis 25kg
- Sichtbarkeit: BVLOS (max. 1km horizontale Entfernung) oder mit Spottern in EVLOS (Extended Line of Sight, max. 2km horizontale Entfernung)
- Überflogenes Gebiet: kontrollierter Bodenbereich in dünn besiedeltem Gebiet
- Luftraum: geringes Air-Risk für Kollision mit bemanntem Luftfahrzeug
- Flughöhe: max. 120m über Grund
- Qualifikation: STS-Theorie und STS-02 Praxis